Datum: 29.04. –01.05.2012
Wer war dabei: Max, Robert, Sebi
Gipfel/Berggruppe: Ochsenkopf, Piz Buin, Silvrettahorn, Dreiländerspitz/ Silvretta
Name der Tour: Rund um die Wiesbadener Hütte
Art der Tour: Skihochtour/Alpiner Klassiker
Facts: Tolle Skitouren von der Wiesbadener Hütte, entsprechendes Material und Wissen für vergletschertes Hochgebirge erforderlich
Skitour
Silvretta–Piz Buin, die Nase und das Horn
Kann man auf dem, was man sich auf die Nase schmiert, auch stehen? Eine wichtige Frage. Wer nicht fragt, bleibt dumm. Ohne Antwort aber auch. Als berggepolter Mensch sucht man Antworten im Gebirge. Wenn der Weg schon das Ziel ist, liegt die Wahrheit wohl am Gipfel. Die echte Wahrheit darf man aber nur auf dem richtigen Gipfel suchen. Und den muss man erst mal finden. Komplexe Sache also. Aber echte Männer stellen sich einem Problem. Oder verdrängen es. Wir gingen der Sache nach.
Eigentlich hatten wir große Ziele aber nicht immer spielt sich Witterung und Terminlage in die Karten. Wir haben also zwar komisches Wetter zum Saisonabschluss, aber die Urlaubstage sind gebongt und der Tatendrang groß. Dann halt nicht ganz hoch hinaus, wo die Wahrheit in der dünnen Luft liegt. Aber hoch genug, um den Skiern noch ein Chance zu geben. Westwärts ist klar, denn in der Mitte sind wir sowieso und im Osten ist der Balkan. Wer will da schon nach Antworten suchen.
Bleibt mal wieder die Silvretta.So hießen früher auch mal ernstzunehmende Tourenbindungen, bevor denen der Zug mitsamt Entwicklung abfuhr und nunmehr offensichtlich die neutralen Eidgenossen und vor allem die Marke im Zeichen des Schneeleoparden den Weltmarkt unter sich ausmachen. Das war uns aber egal und so peilen wir den so benamsten Gebirgsstock an, der so nah ist aber doch ein bisschen weiter weg, als das ewige Stubaigedöns.
Um 5:00 schmeißen wir in München den Diesel an und rollen zeitgerecht in Partenen an der Vermuntbahn aus.Von dieser lassen wir uns erst einmal nach oben gondeln.

Und dann geht es nochmal motorgestützt weiter, mit Kleinbussen. Diese bringen uns über ein kurviges Sträßchen und durch tropfende Stollen bis zur Bieler Höhe am Silvrettastausee. Hauptsache Vollgas, angenehm ist es trotzdemund schnell auch. Da es nun nichts mehr hilft, werden die Säcke geschultert und die Bretter angeschnallt. Erst geht es noch ein bisschen runter, aber dann flach und wenig spannend weiter. Wie ein zugefrorener Stausee halt so ist, zumindest solange das Eis trägt.

Auf der Wiesbadener Hütte gibt es dann erst einmal Kaffee, Zeit wird es, die Finger zittern schon.

Zum Schlafen ist es aber noch zu früh, also müssen wir nochmal hinaus. Gleich hinter dem Haus geht es rauf zum Ochsenkopf. Wir denken nicht viel nach und gehen einfach hin. Zumindest so einfach es uns der Fönsturm macht, der mittlerweile bläst.

Und der bläst sowas von Blasen, je weiter wir nach hochsteigen, dass wir oben wenig Federlesens machen und gleich wieder runterfahren. In der Hütte ist es windstill, warm, es gibt was zu Essen und einen Zapfhahn.

Morgens wie immer wortkarges Frühstück und verschwiemelte Augen. Das ist nicht immer schön, draussen sieht es besser aus. Das angekündigte Zwischenhoch scheint da zu sein. Der Wind bläst noch etwas und hat pflichtbewusst die Wolken mitgenommen. Wir wollen endlich dem Rätsel auf die Spur kommen und schieben Richtung Piz Buin.

Da macht man erstmal einen Rechtsschwung über Moränenzeugs und latscht dann einfach einen Tal/Gletscherboden immer weiter hinauf. Irgendwie kommt man der Sache näher und steht dann in einer breiten Scharte.

Hier lässt man die Skier stehen und macht sich Zacken an die Füße. Mit denen rutscht man nicht so leicht aus und kann sich wunderbare Triangel in die Hosekicken. Max zumindest. Raufsteigen muss man trotzdem. Erst ein bisschen kraxeln und dann Abschlußgehechel. Und ein bisschen Sputen müssen wir uns, denn drüberhalb der Scharte ist auch eine Hütte und von dort kommen kleine Karawanen.

Oben ist die Aussicht und das Kreuz ist klar, die Antwort auch: Auf Piz Buin kann man stehen. Gut sogar. Man kann es sich auch auf die Nase schmieren. Die wird dann rot. Oder auch nicht.

Mehr wollten wir nicht wissen. Also geht es wieder runter. Bei den Skiern ist das Wetter immer noch gut, die Karawanen beim Gipfelsturm und der Tag noch nicht zu Ende. Da keine Frage mehr offen ist, fällt uns nichts Anderes ein, als auch noch auf das Silvrettahorn zu steigen. Ein Horn ist fast eine Nase, nur ohne einschmieren. Es liegt fast am Weg, passt in unsere Fragestellung und sieht schön aus. Da kann man schon mal hinqueren. Die Sonne brüllt und sorgt für Licht, dann ist es auch hinter der beschlagenen Brille hell. Wir finden uns trotzdem zurecht und auch hier überwindet man die letzten Meter brettfrei zu Fuß.

Auch diese Gekrampfe endet am Kreuz. Da ist es zwar schön, sogar zum Sitzen. Es bläst aber wieder heftiger, daher gibt es die Brotzeit am Skidepot.

Und danach frisch gestärkt eine prächtige Abfahrt über Gletscher und Firn. Die kosten wir soweit aus, bis alles, was mal Firn war, endgültig Sulz ist. Den Wiederaufstieg zur Hütte billigend in Kauf nehmend. Kleine verschwitzte Flüche bei diesem unterdrückend.

An der Hütte gibt es das übliche Programm nach einem Kaisertag: Zapfhahn und Brotzeit. Bis uns die ersten Wolken und der kühle Wind von der Sonnenterrasse vertreiben. Und wir dringend vor dem Abendessen die Socken wechseln müssen.

Morgens ist es drinnen wie immer, draußen dafür grausig. Im Regenschneewindnebel wühlen wir uns Richtung Dreiländerspitze. Bis zum Gipfelaufbau, oder so. Irgendwo waren wir jedenfalls. Eigentlich müsste es da noch weitergehen, aber der Rest scheint zu diffus, wir lassen es dabei bewenden.

Wir suchen uns in mäßig genussreichem Gelände und schwer beblasen zur Hütte zurück, der Elefantenfirnharsch will weggedrückt sein. Was nicht immer gelingt.

Die Wettervorhersage lässt die letzte Hoffnung auf eine erquickliche Aufenthaltsverlängerung schwinden, so packen wir unsere Restbestände aus dem Lager in den Turnbeutel und machen uns auf den Weg zur Bieler Scharte. Wie zum Hohn macht es dort sogar wieder etwas auf.

Immerhin wissen wir dadurch, dass wir richtig unterwegs sind und können die Abfahrt durchs Bieltal nicht nur richtig sehen, sondern uns auch noch darüber freuen. Zumindest bis sie flach wird. Und geschoben werden will. Zunehmend im Matsch.

Schließlich geht es links ums Eck und nach einem kleinen Gegenaufstieggelatsche stehen wir wieder an der Bieler Höhe und warten auf die Vollgasbusse. Den Rest kennen wir ja schon, nur umgekehrt. Dafür um eine Antwort auf eine wirklich wichtige Frage reicher.