Skitour: Schafreiter
Datum: 02.01.2015
Wer war dabei: Erik, Sebi
Gipfel/Berggruppe: Schafreiter/Karwendel
Facts: Schafreiter 2102 m NN, ca. 1250 Hm Aufstieg, 2 ‑4 h rauf, 0,5 ‑1 h runter
Skitour
Schafreiter –Alle Jahre wieder
Der Winter begann ja komisch. Im Herbst als Winter und im Winter als Spätsommer und just nach dem Heiligen Abend doch noch als Winter und wie es weiter geht, weiß er wohl selber noch nicht. Macht nix, denn jetzt gerade in der 1. KW ist alles gut. Zumindest für die, die Schifahren können. Wenn es unbedingt sein muss, auch für die, die als Schneeschaben auf einem biertischähnlichen Brett verhaftet im flachen Geläuf menschenunwürdige Bewegungen vollführen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.
Eigentlich wollten wir nach Neujahr gen Graubünden brausen, um ultimativen Powderspass zu haben. Aber dort war dieses Jahr eher pulverfreier Grasski angesagt. Also bleiben wir hier und haben den Spaß vor der Haustür, d.h. vor der Zweithaustür im Isarwinkel.
Es gibt ja so Sachen, die sind beim besten Willen kein Geheimtipp. Waren es wahrscheinlich auch noch nie. Das muss aber kein Grund sein, nicht mehr hinzugehen.Vor allem wenn es gute Sachen sind. Nicht mal dann, wenn neuerdings auch noch durch Mitteilung jeder nur erdenklichen Zustandsänderung oder persönlichen Empfindung in den diversen Portalen das Netz vermüllt wird und Besucherströme gelenkt. Denn Idealerweise trifft man vor den potentiell Postenden ein, dann hat man meistens Ruhe. Oder nach einem Post, der Fehlinformationen streut oder einfach nur Ahnungslosigkeit dokumentiert.
So eine Sache ist im Winter für mich der Schafreiter. Mit Schi bei Schnee und zwar (fast) wurschtegal welchem. Und wie man oder wer auch immer ihn schreibt, oder meint schreiben zu müssen oder meint, der Welt beibringen zu müssen, wie man ihn schreibt, ist mir auch egal. Es bleibt allein oder zu mehreren, bei Sonne, Nebel, Sturm, mit Pulver, Harsch oder Sulz beim „Schofreida“.



Kurz: ein Winter, ohne einmal auf dem Schafreiter gewesen zu sein, ist für mich keiner. Und soweit ich mich erinnern kann, was zugegebenermaßen nicht viel bedeutet, gab es in den Jahren, an die ich mich erinnern will, was sehr viel mehr bedeutet, immer einen Winter. So auch heuer. Wie schon gesagt zwar spät, aber immerhin deutlich und zumindest hier ausreichend und damit es ein amtlicher Winter ist, muss der Schafreiter her.
Nach Verarbeitung der Silvesterpackung und des Neujahrskomas sind die Luxuskörper wieder entsprechend einsatzbereit. Die angekündigte Regenfront lässt ein ausreichendes Fenster bis nach Mittag und so bringt uns Wuiferls Roomster zum Ausgangspunkt bei der Oswaldhütte zwischen Vorder-und Hinterriss.

Zu unserer Überraschung waren da nur zwei weitere Vehikel, wo es sonst oft zugeht wie bei den karzinomgleich wuchernden Möbelmarktsiedlungen an Ausflugssamstagen. Nix wie los, bevor sich das ggf. noch ändert. Die Schi über die Straße gehievt und rein ins Vergnügen, das erstmal unspektakulär die Forststraße entlang nach oben führt. Ein wortkarger Einzeltäter trifft dann doch noch zeitgleich ein. Der will aber keine Konversation und setzt sich zu Beginn markig und mit Vehemenz von uns ergrauten Krauderern ab. Auch recht. So spazieren wir munter ratschend den ausreichend bepulverten Weg hinauf, was mit Kennermiene freudig goutiert wird, da beileibe nicht immer eine so kratzarme Abfahrt zu erwarten ist. Vor allem aber freuen wir uns daran, dass es immer schön ist, wenn man wo ist.

Ein Stünderl geht es so weiter, Erik und ich laufen immer wieder mal auf den Schweiger auf, bestätigen ihm, dass es ganz einfach immer der Spur nach weiter geht und warten dann kurz auf Wuiferl, der nach frischer Vaterschaft tut, was er kann, um den Anschluß nicht zu verlieren. Verständlich, denn den bekam er als geborener Hesse auch wirklich nicht in die Wiege gelegt.
Schließlich, wie sollte es anders sein, prangt am Weg ein nicht zu übersehendes Schild des DAV, das einem sagt, wie man sich hier umweltfreundliches Schibergsteigen vorstellt. Wir haben sowieso nichts anderes vor, also machen wir so weiter, wie geplant. Das Fortstraßengeschiebe hat ein Ende und ab der Mooslahner Alm bekommt die Tour ihr Gesicht.

Die Spur führt über einen schönen freien Hang nach oben und leitet durch ein kurzes Waldstück in einen weiteren freien Hang. Hier stellen manche gern testosteronschwanger ihre Steighilfe auf maximale Stufe und machen Nachfolgenden das Leben schwer. Oder eben auch nicht, wenn sie klug genug sind, ihre eigenen Wege zu gehen.

Solange man dann rechtzeitig nach rechts abbiegt, ist das alles kein Thema. Die Spur quert ein bisschen vor sich hin, auf und ab und sobald das Gelände freier wird, werden wieder ein paar Spitzkehren eingelegt. Zunächst großzügig, zwischendrin kleinteilig und nach oben hin erneut etwas weitläufiger. Hier weitet sich zunehmend das Blickfeld, man kann bei entsprechender Sicht wunderbar in das Vor-und Hinterland schauen.

Vor dieser Stelle bietet es sich an, nicht nur daheim per App einen Lagebericht downzuloaden, sondern diesen auch vor Ort an die Verhältnisse angepasst anwenden zu können. Und ggf. entsprechende Konsequenzen zu ziehen.
Hat man sich fürs Weitergehen entschieden,endet man letztlich am Gipfelgrat, an dem entlang es dann wieder nach rechts bis zu einem vorgelagerten Gupf geht. Meistens absolviert man diese Abschlusspassage in mehr oder weniger wüsten, üblicherweise etwas lästigen Gebläse, das den Luvflügel der Nase gerne erstarren und die Sache länger als erwartet dauern lässt.

Vor allem wenn es grausig ist, machen viele am besagten Gupf Schluss. Aber auch heute, gänzlich ungrausig, passiert das mit z.B. dem besagten Schweiger. Für uns, ehrenhaft und alpinistisch wohlerzogen, geht es natürlich immer Richtung Gipfel. Und heute erst recht, denn die Luft ist ruhig und die Sonne tut noch, was sie kann. Diesmal nicht ganz mit Schi, dafür reicht es dann doch nicht, aber fast. Der Rest wird gestapft.

Am Kreuz ist man oben und kann gucken und staunen, was man alles sieht, wenn man was sieht.

So wie wir heute, prächtig. Selbst zum xten Mal immer wieder gut. Es bläst immer noch kaum ein Wind und dem bisschen, was es tut, entgehen wir, indem wir ein Stückchen runter in eine Brotzeitnische absteigen.

Sitzkuhle schaufeln, auspolstern und den Zinken in die warmen Strahlen gestreckt. Die obligatorische Handwurst findet ihr vorbestimmtes Schicksal und nachgespült wird auch. Die allgegenwärtigen Dohlen wollen auch was, kriegen aber nix, schließlich haben sie genug Aussicht.

Als etwa eine halbe Stunde später die Ruhe etwas nachlässt, da doch noch Vereinzelte den Weg hierher gefunden haben, können wir entspannt den Weg nach unten antreten. Außerdem ziehen erste Wolken auf und verkünden den angesagten Wetterumschwung.
Vom Skidepot wird nach dem obligatorischen Fellabzug zum Gupf gequert und noch etwas am Gipfelgrat entlang gepulvert.

Hier ist oft vorsichtige Wegwahl gefragt, denn die meist verblasene, daher schüttere Schneeauflage hat gerne tückische sharks (neudt.) in petto.

Wir schaffen es diesmal unfallfrei sowie belagschonend und können beseelt in den Pulvertraum nach links abbiegen, der noch jedem reichlich Platz für die eigene Spur bietet. Die Frühwinterschenkelchen pumpen Saures, aber bei den Verhältnissen muss man durchziehen, so lange es geht.

Und rechtzeitig rechts rüberqueren. Sonst muss man wieder rauf. In den Hang, der an die vom Aufstieg bekannte Querung anschließt, kann man zwar auch weiter oben direkt vom Gipfelgrat einfahren. Dafür ist jedoch eine hohe Schneelage vorteilhaft. Vor allem, wenn man kein Latschengemetzel anrichtenmöchte. Wir halten uns, im Hang angekommen, eher rechts, wo meist noch Unverspurtes auf Durchpflügung wartet. Das kurze Waldstück ist willkommener Anlass für eine Verschnaufpause, bevor der Abschlusshang zur Mooslahner Alm nochmal ein paar grandiose Schwünge erlaubt.

Ab hier geht es dann üblicherweise auf der Forststrasse runter, heute ist genug Schnee und so können wir noch brauchbar durch den lichten Wald entlang des Bachbetts zur nächsten Kehre basteln. Hier ist dann aber sinnigerweise Schluss mit offroad und wir flitzen die Straße bis ins Tal hinunter, heute mal äußerst ungewöhnlich ganz ohne Splittgeschrammel.

An der Straße angekommen fängt es leicht an zu tröpfeln, gerade recht. Raus aus den Schuhen, Gerümpel verstaut und zurück in das Alpendomizil, wo schon die Kaffeemühle wartet und weihnachtliche Gebäcksrestbestände dringend das Verfallsdatum nicht erreichen dürfen. Endlich ist es Winter.
