Datum: 27.05.2012
Wer war dabei: Kathi, Vali, Sebi
Gipfel/Berggruppe: Oberreintalturm/Wetterstein
Name der Tour: Neue West­wand mit Idealausstieg
Art der Tour: Alpi­ner Klas­si­ker Erst­be­ge­hung: W.Henke & F. Par­zefall 26.9.1965; Ide­al­aus­stieg W. Hen­ke & Ch. Krah 30.8.1981

Facts: Neue West­wand VII/VII+ (VI+/A0); Ide­al­aus­stieg VI+9 Sl, ca. 300 Hm
Mate­ri­al: ein paar Stop­per & Cams, Schlin­gen, Hex 8/9 oder Cam 1 für Idealausstieg

Alpi­ne Klassiker

Ober­rein­tal­turm –Henke/Parzefall. Eine Tour im Spie­gel der Zeit

Ober­rein­tal. Mal wie­der. Herr­lich. Noch dampft das T‑Shirt und bald auch im Haferl der Kaf­fee aus der Ther­mos­kan­ne vom Hans, die zum Glück wie immer bereit­wil­lig zapf­bar am Rand sei­nes gran­dio­sen Koch­sperr­ge­bie­tes steht. So kann man woh­lig auf der Holz­bank vor der Hüt­te Plä­ne schmie­den und Erin­ne­run­gen wachrufen.

Hüt­te mit Berg

Lang ist es her, als ich das ers­te Mal, nicht nur durch Geschich­ten vor­ab schon ver–, son­dern dann ob der rea­len Fels­ku­lis­se veri­ta­bel ein­ge­schüch­tert, unter einem gigan­ti­schen Ruck­sack schier erdrückt, hier ein­lief. Nichts als Hel­den um mich her­um und ich kaum Ahnung, was eigent­lich gespielt wird. Aber wer nicht mit­spielt, ist halt auch nie dabei. Zumin­dest ein bisschen.

Hüt­te mit Helden

Bald dar­auf war ich dann wie­der da, der Ruck­sack etwas klei­ner, dafür die Beglei­tung kom­pe­ten­ter und die Zie­le grö­ßer. Der Ver­hal­tens­ko­dex vor Ort war mitt­ler­wei­le bekannt und damit wächst die Sicher­heit, selbst wenn man noch nicht viel Ver­wert­ba­res bei­tra­gen kann. Der Plan steht jeden­falls ohne gro­ßes Mit­spra­che­recht, ich nicke zustim­mend und trot­te ange­spannt mei­nem Leit­ham­mel hin­ter­her. Bis wir unter der West­wand des Ober­rein­tal­turms ste­hen. Genau­er am Ein­stieg der „Neu­en West­wand“ vul­go „Henke/Parzefall“. VI-/A2, frei VII steht lapi­dar im Füh­rer. Ich schlu­cke leicht, stel­le mich aufs Über­le­ben ein.

West­wand zum Überleben

Immer­hin wur­de die Tour am 6.9.1965 von Wolf­gang „Ama­de­us“ Hen­ke und Franz Par­zefall erst­be­gan­gen, da war ich gera­de mal ein hal­bes Jahr alt und habe noch recht­schaf­fen in die Hose gemacht. Das wür­de ich jetzt auch ger­ne, darf aber nicht mehr. Zumin­dest nicht ohne Gesichts­ver­lust. Also einbinden.
Doni gibt den Ton an und ich fol­ge sprach­los. Für mehr bin ich zu sehr mit mir sel­ber beschäf­tigt bzw. damit, die Boden­haf­tung nicht zu ver­lie­ren und dann auch noch Höhen­ge­winn ver­zeich­nen zu kön­nen. Im Ide­al­aus­stieg schließ­lich ham­mer­har­te Pop­ey­e­un­ter­ar­me und Näh­ma­schi­ne, das vol­le Pro­gramm. Nun gut, immer­hin wuss­te ich danach, was für mich noch zu tun ist.

Ober­rein­tal­fest 2008, noch erscheint die Sze­ne­rie friedlich

Deut­lich eini­ge Jah­re spä­ter gerie­ten wir in die Fän­ge des Ober­rein­tal­fes­tes, das erst­mal letz­te sei­ner Art, wie sich spä­ter bedau­er­li­cher­wei­se her­aus­stel­len soll­te. Ein ein­zi­ges Tohu­wa­bo­hu, Sodom und Gomor­rha ‑herr­lich. Wer dabei war, wird es nie ver­ges­sen. Ent­spre­chend kurz war die Nacht, ent­spre­chend leer die Wän­de am Fol­ge­tag. Andrea und Rüdi hat­ten nichts­des­to­trotz Auf­trieb und ich war mir noch den Beweis schul­dig, in der Zwi­schen­zeit etwas dazu­ge­lernt zu haben. Test­pie­ce: Henke/Parzefall.
Nichts wie ran an das schar­fe Ende und sie­he da, es lief wie geschmiert. Ob trotz bzw. wegen Rest­al­ko­hol, war mir egal. Nicht, dass man da nicht wei­ter­hin etwas tun müss­te, wie mir auch von den Nach­kom­men­den unmiss­ver­ständ­lich mit­ge­teilt wur­de, aber es ist mach­bar und die zwi­schen­zeit­lich dan­kens­wer­ter­wei­se ange­brach­ten Bolts ste­cken benut­zer­freund­lich. Den Rest kann man gut sel­ber erle­di­gen. Der dies­mal erwähl­te Hei­di­aus­stieg erwies sich wie­der mal als grim­mig, da kann man sicher woan­ders leich­te­re Sech­ser klet­tern. Kommt aber dafür weit­ge­hend um Ris­se herum.

freund­li­che Bolts, klet­tern muss man noch selber

Noch mehr eini­ge Jah­re spä­ter fin­de ich mich wie­der mal am sel­ben Ein­stieg. Nur ist dies­mal der Nach­wuchs mit dabei. Mitt­ler­wei­le for­dert die­ser die Pole-Posi­ti­on ein. Sol­len sie sich ruhig drum strei­ten, mit den Jah­ren kommt die sitt­li­che Rei­fe, in Ruhe abwar­ten­zu kön­nen. Nach der Eini­gung heißt es ladys first. Also legt Nina c/o Kathi vor. In Ruhe bas­telt sie sich durch den wie immer etwas unüber­sicht­li­chen Vor­bau nach oben. Die spär­li­chen fixen Siche­run­gen geben wenig Ori­en­tie­rung, hier muss man sich den Weg schon suchen und für Sicher­heit sel­ber sor­gen, was sou­ve­rän gelingt. 

Kathi bas­telt

Dann wird es rich­tig steil, Herz­bu­be Vali scharrt schon unge­dul­dig mit den Hufen und tauscht das Sei­len­de. Zuerst wursch­telt er sich in der Riss­ver­schnei­dung nach oben und kaum hört die­se auf, lässt er rohe Kräf­te wal­ten, schließ­lich will er ja zum Stand.

Vali lässt walten

Ende Mai ist es durch­aus noch frisch in der Wand, das kräf­ti­ge Gelän­de lässt erst­mal den Puls nach oben gehen und dann irgend­wann mal sogar die Fin­ger auf­tau­en. Wenn der Schmerz nach­lässt, ist es durch­aus ange­nehm, Grif­fe nicht nur zu sehen, son­dern auch zu füh­len. Schließ­lich darf man noch mal herz­haft zupa­cken. Was zum Hin­lan­gen ist da, aber es hängt halt dafür etwas über.
Ins­ge­samt gese­hen aber eine gute Mög­lich­keit, um sich ohne all­zu gro­ße Trau­ma­ti­sie­rung mit einem 7ener in alpi­nem Gelän­de anzu­freun­den. Auf dem Band im obe­ren Wand­teil wird es wie­der gemüt­li­cher, dafür muss man sich ent­schei­den, wie man den Schluss erle­digt. Ide­al ist natür­lich der Ide­al­aus­stieg, sonst wür­de er ja nicht so hei­ßen. Ange­sichts der von unten deut­lich ein­seh­ba­ren Riss­brei­te und –beschaf­fen­heit wird dann doch dem grau­en Wolf bereit­wil­lig der Vor­tritt gelassen.

Die Jugend erfreut sich über alte Schule

Old-school-Klet­te­rei ist ange­sagt, da stört die Haar­far­be nicht. Die Wam­pe schon eher, aber da brei­ten wir den Man­tel des Schwei­gens dar­über. Mit Klem­men und Pia­zen kommt man wei­ter, klas­si­sche Sech­ser­ris­se wol­len gemacht sein.
Öko­no­misch klet­tern ist Trumpf und wer kei­nen pas­sen­den Hex oder Cam dabei hat, darf sich über die poten­ti­el­le Flug­hö­he nicht wun­dern. In der dar­auf­fol­gen­den Abschluss­seil­län­ge gilt es dann noch, vom dem einen in den ande­ren Riss zu kom­men und das Gan­ze wür­dig zum Abschluss zu brin­gen. Denn das hat die Tour ohne Fra­ge verdient.

Da geht es raus

Wer nicht über die Fahr­radl­kan­te mit Gegen­ver­kehr absei­len will, muss zum Gip­fel. Dahin kra­xelt man über den Grat, weil es kei­nen ande­ren sinn­vol­len Weg gibt. Immer­hin kann man dann hin­ten­rum run­ter­schot­tern und –sei­len.

Grat­ge­kra­xel

Aus­ser­dem dür­fen da beim Abstieg die, die brav gewe­sen sind, dann noch­mal für das Fami­li­en­al­bum posen.

Brav auf­ge­stellt

Zu guter Letzt beschert das frü­he Jahr nicht nur klam­me Fin­ger, son­dern vor allem auch ein präch­ti­ges Firn­feld, auf dem knie­scho­nend Höhen­me­ter ver­nich­tet wer­den kön­nen. Die dabei gewon­ne­nen Minu­ten wer­den nach geta­ner Arbeit ziel­ge­rich­tet in ein zusätz­li­ches Hüt­ten­bier inves­tiert. HmlaA beschreibt oft auch den Him­mel auf Erden.
Ges­tern wie heu­te. Zeitlos

Nach der Arbeit folgt das Spiel