Ski­tour: Großglockner
Datum: 24.01.2016
Wer war dabei: Erik, Sebi
Gipfel/Berggruppe: Juifen/Karwendel

Facts: Jui­fen 1988 m NN, ca. 1150 Hm Auf­stieg, 3 ‑4 h rauf, 1 h runter

 

Ski­tour
Juifen–Skitour klassisch

Nach­dem sich der Som­mer kurz nach Sil­ves­ter dann doch bewusst wur­de, dass er eigent­lich ein Win­ter sein soll­te, nahm die­ser lang­sam Fahrt auf und damit auch mei­ne Ski. Das tun die­se natür­lich nicht allei­ne, ich muss da schon noch mit. Zunächst kamen die älte­ren Model­le zum Ein­satz, da trei­ben die Belag­fur­chen wenigs­tens nur klei­ne Schweiß­per­len auf die Stirn. Vor allem dann im Kel­ler beim Aus­bü­geln. Aber jetzt ist die Unter­la­ge halb­wegs gesetzt und vie­le Hän­ge gut in Schuss. Dass die bei uns momen­tan rele­van­ten Zie­le nicht den frag­wür­di­gen Schnee­de­cken­auf­bau unse­rer Tiro­ler Nach­barn auf­wei­sen, hat man noch mehr einen Grund ein­fach daheim zu blei­ben. Was daheim ist, bestimmt unser Gefühl und nicht die Staats­gren­ze. Denn die­se wird natür­lich ein­fach über­quert. Zumin­dest solan­ge ein­fach, wie das noch zaun­frei geht.
Eines der für den Hoch­win­ter ganz klas­si­schen Ski­tou­ren­zie­le aus dem Mün­che­ner Raum ist der Jui­fen. Schließ­lich gehört er zum Kar­wen­del und das gehört wie­der­um zum erwei­ter­ten Vor­gar­ten der Haupt­stadt. Zumin­dest in sei­nem Nord­teil. Denn der Süd­teil, der, aus unse­rer Sicht kurio­ser­wei­se, Nord­ket­te heißt, gehört den Inns­bru­ckern. Und der Wes­ten den Mit­ten­wald­ern, natür­lich. Bevor ich hier aber jetzt alle auf­zäh­le, die mei­nen, dass ihnen was gehört oder gehö­ren könn­te oder gehö­ren soll­te, las­se ich das und schreie in die Welt: Die Ber­ge sind frei und für alle da. Soda­la, damit zum Jui­fen.
Den Jui­fen sieht man ja, gen Süden bli­ckend, als mar­kan­ten Klotz wun­der­bar vom Brauneck aus (auch einem Mün­che­ner Haus­berg). Und wird dort oft ver­wech­selt mit dem Guf­fert. Der ist aber von dort der noch grö­be­re Klotz wei­ter links.

Guf­fert in Horn, Jui­fen im Blick

Wer sich mit Ski zum Jui­fen auf­macht, weiß, dass er/sie mit Sicher­heit nicht allein ist. Wie wenig allein kann vari­ie­ren, je nach Wet­ter, Schnee­la­ge, Wochen­tag. Aber ganz allein geht, glaub ich, gar nicht. Wenn man das weiß, macht es auch nix. War­um das so ist, lässt sich schwer sagen. Die Ski­tour auf den Jui­fen besticht jetzt nicht unbe­dingt durch beson­ders schö­ne, hin­der­nis­freie Ski­hän­ge. Man muss sich auf stän­dig wech­seln­des Gelän­de, fla­che Que­run­gen, Gegen­an­stieg, abge­bla­se­ne Rücken, Wald­gef­ri­ckel, Forst­stra­ßen ein­stel­len. Dazwi­schen natür­lich auch immer wie­der auf ein­wand­frei­es Schige­län­de. Und auf gran­dio­se Bli­cke. Und genau dar­in liegt der spe­zi­el­le Reiz. Man hat von allem etwas und am Ende das Gefühl mit Ski an einem rich­ti­gen Berg gewe­sen zu sein. Die Nähe zu Mün­chen tut den Rest.

Zunächst fährt man, jawohl mit dem Auto, bis zum Aus­gangs­park­platz. Der ist groß, manch­mal nicht ganz groß genug, gleich beim Gast­haus Tiro­ler Landbei/in Achen­wald. Man­be­zahlt 5.-€ Tages­park­ge­bühr (Stand 2016) und berei­tet sich mit etwa 100 ande­ren Tou­ren­ge­hern auf den Auf­stieg vor. Die Spur dürf­te nicht zu über­se­hen sein und am ers­ten Wie­sen­hang lie­fert man sich die ers­ten Ren­nen um eine güns­ti­ge Start­po­si­ti­on. Das Ego lässt sich hier meist gut auf­po­lie­ren, denn die ers­te Hälf­te der Tour ist man noch gemein­sam mit den Aspi­ran­ten für die Hoch­plat­te unter­wegs, eine noch mehr all­zu­sehr höchst­be­lieb­te Anfän­ger­tour. An neu erwor­be­nem Kom­plet­t­e­quip­ment bzw. unge­wohn­tem Leih­ma­te­ri­al Nes­teln­de sind will­kom­me­ne Opfer und leis­ten beim Vor­bei­zie­hen wenig Wider­stand. Dabei kommt man ger­ne außer Atem, was natür­lich nicht gezeigt wird. Die hoch­ro­te Bir­ne kann sich aber gleich erho­len, denn kurz dar­auf schlen­dert man gemäch­lich einen fla­chen Forst­weg ent­lang Rich­tung Wald.

fla­ches Regenerationsgelände

Im Wald ist dann Zeit zum Rat­schen und an einer Abzwei­gung, wo auf bei­den Schil­dern Fal­ken­moos­alm steht, geht man gera­de­aus, d.h. den lin­ken Weg wei­ter, denn rechts rum macht man aus­ge­dehn­te Umwe­ge über die­se Forst­stra­ße, die eigent­lich für moto­ri­sier­te Mit­bür­ger gedacht ist. Außer­dem kommt man über die­se idea­ler­wei­se bei der Abfahrt run­ter, hat also nichts ver­säumt.
Aus dem Wald her­aus­lau­fend, steht man auf einer Lich­tung mit weit­läu­fi­gen Wie­sen­hän­gen. In die­sem ski­fah­re­ri­schen Ide­al­ge­län­de fin­den sich übli­cher­wei­se Spu­ren aller Art. Weit­läu­fi­ge, wir­re, ultra­di­rek­te, sinn­vol­le. Und schon geht die Ren­ne­rei wie­der los.

zwei­spu­ri­ge Auto­bahn zur Falkenmoosalm

Aber an der Fal­ken­moos­alm, einem wun­der­ba­ren Platz in wun­der­ba­rer Lage mit wun­der­ba­rem Blick, kom­men dann alle wie­der zusam­men. Hier ist es flach und schön und Zeit für einen Schluck, einen Müs­li­rie­gel, einen Jacken­wech­sel, ein Foto, was auch immer. Manch­mal, meist am Wochen­en­de, gibt es hier dann an einem der Häu­ser spä­ter am Tag auch eine schlich­te Bewir­tung, jetzt schla­fen noch alle.

Wun­der­bar

Hin­ter der Alm geht es kurz run­ter, bevor es wie­der etwas stei­ler wird und man end­lich merk­lich an Höhe gewinnt. Der ers­te Auf­schwung mit nicht ganz so viel lich­tem Platz macht Über­hol­ma­nö­ver etwas schwie­ri­ger. Schließ­lich öff­net sich der Wald wie­der und an einem brei­te­ren Rücken geht das Gan­ze dann leich­ter. Auch weil es hier etwas fla­cher ist. Aber bald teilt sich die Hor­de sowie­so, die Hoch­platt­ler schie­ben gera­de­aus wei­ter, die Jui­fe­rer bie­gen rechts ab. Damit es kei­ner ver­säumt, gibt es sogar Schil­der, die man ent­spre­chend deu­ten kön­nen soll­te. Denn das, was man eigent­lich will, steht nicht drauf.

Erik nähert sich dem Scheideweg

Man rutscht schräg rechts etwas run­ter und schiebt fläch­lich die Tal­mul­de bis zur Groß­zem­malm hin­ter. Schat­tig ist es da, das glei­chen aber die gran­dio­sen Bli­cke auf die hof­fent­lich son­nen­be­schie­ne­nen Wäch­ten und Rin­nen des Kafell­kam­mes mit der Mar­bich­ler Spit­ze locker aus.

Licht und Schatten

Man hatscht die­se Tal­mul­de noch etwas wei­ter, um dann je nach Ver­hält­nis­sen mal mehr links, mal mehr rechts eine Spur Rich­tung Mar­bich­ler Sat­tel zu legen. Meist ist ja schon eine oder meh­re­re da, die einem die Ent­schei­dung etwas abneh­men. Dabei soll­te man sich gleich den gan­zen Hang etwas anschau­en und die Schnee­ver­hält­nis­se che­cken, auch etwa­ige Schnee­brü­cken über den Bach. Die­se Infor­ma­tio­nen könn­ten bei der Anfahrts­op­ti­mie­rung hilf­reich sein.
Am Mar­bich­ler Sat­tel steht das schmuck­lo­se Gebäu­de der Läm­pe­rer­alm, das immer­hin einen oft will­kom­me­nen Wind­schutz bie­ten kann. Vor allem sieht man von hier aus das ers­te Mal rich­tig, wie stark der Wind den Gip­fel­grat des Jui­fen in Mit­lei­den­schaft gezo­gen hat. Erwischt man es gut, ist er im Wesent­li­chen weiß. Erwischt man es schlecht, ist er kom­plett abge­bla­sen. Im Nor­mal­fall ist er von bei­dem etwas. Wovon man sich nicht abhal­ten las­sen soll­te, denn übli­cher­wei­se geht das Abfah­ren bes­ser als erwartet.

mage­re Schneelage

Ist das geklärt, muss man sich trotz­dem ent­schei­den und etwas Lawi­nen­rou­lette spie­len. Halt! Bevor ich beschimpft, ver­klagt oder geäch­tet wer­de, natür­lich so: vir­tu­os die Kla­via­tur der pro­ba­bi­lis­ti­schen Metho­den bedie­nen, das kom­plet­te Fach­wis­sen abru­fen, zur Kreis­lauf­an­re­gung Schnee­pro­fi­le gra­ben und letzt­lich die fak­ten­ba­sier­te, reflek­ti­ons­ge­stütz­te Intui­ti­on wal­ten las­sen. Wer sich nicht sicher ist, was man aber sein soll­te, fährt nun etwas in den Tal­grund ab und steigt drü­ben wie­der rauf. Ansons­ten quert man nach bes­tem Wis­sen und Gewis­sen den Nord­hang unter­halb der Mar­bich­ler Spit­ze und trifft sich dann, hof­fent­lich wohl­be­hal­ten, wie­der. Der Unter­schied sind zwar fak­tisch nicht so wahn­sin­nig vie­le zusätz­li­che Höhen­me­ter, gefühlt tür­men die­se sich jedoch vor dem inne­ren Auge leicht ins Uner­mess­li­che. Wes­halb die Ent­schei­dung oft nicht so leicht ist.
Vor­ab soll­te man sich an der Läm­pe­rer­alm auf jeden Fall noch ein­mal kurz umdre­hen, um den Blick auf die See­kar­spit­ze nicht zu ver­pas­sen.

Spit­zen­blick

Nun kann man eigent­lich nicht mehr viel ver­kehrt machen. Der Weg ist klar und der Gip­fel war­tet. Die expo­nier­te Lage erfor­dert aber häu­fig bei emp­find­li­chen Gemü­tern einen wind­ge­schütz­ten Über­zie­her. Kurz, es bläst oft wie die Sau. Da hilft auch eine aus­ge­feil­te Spitz­keh­ren­tech­nik nicht gegen die dro­hen­de Aus­küh­lung. Denn flach ist es anfangs nicht gerade.

Über­zie­her in der Spitzkehre

Der Gip­fel­grat zieht sich dann ein biss­chen und wenn es vor­her schon bläst, bläst es natür­lich wei­ter. Selbst­ver­ständ­lich immer nur von einer Sei­te, das schont die abge­wand­te Gesichts­hälf­te und peelt die ande­re.

Es zieht sich und bläst

Oben raus reicht es manch­mal nicht mehr ganz für die Ski, die blei­ben dann zurück und der Gip­fel­sturm erfolgt per pedes. Auf­grund der aus­ge­präg­ten Schich­tung des Gesteins las­sen sich aber meis­tens erstaun­lich gute Abfahrts­bän­der anein­an­der rei­hen, die man sich beim Auf­stieg schon aus­spech­ten kann. Daher soll­te man nicht zu früh die Bret­ter zurück­las­sen. Manch­mal täuscht aber auch eine schüt­te­re Schnee­de­cke eine Trag­fä­hig­keit vor, die sie nicht hat. Dann muss man wie­der bügeln. Wie so oft, soll jeder machen, was er will. Eine ein­fa­che­re Lösung gib­tes nicht.

Erik macht was er will

Oben ist oben und das Kreuz ist schief. Immer­hin zeigt es damit die vor­herr­schen­de Wind­rich­tung unmiss­ver­ständ­lich an. Denn, selbst auf die Gefahr hin mich zu wie­der­ho­len, der Wind bläst da oft und hef­tig.
Bei der präch­ti­gen Rund­um­schau kann man sich ger­ne fra­gen, wie schief die Welt sein muss, in der man sein Fähn­chen in den Wind hält, damit einem die­ses Kreuz gera­de erscheint. Oder wie wenig Rück­grat es braucht, um mit auf­rech­tem Kreuz im unauf­ge­reg­ten Mit­ein­an­der sei­nen gera­den Weg gehen zu kön­nen.

ker­zen­ge­ra­der Protagonist

Und schon geht es um die Wurscht. Hin­ter der Gip­fel­wäch­te kann man es sich meis­tens im Lee gemüt­lich machen und in aller Ruhe das Pro­dukt hand­werk­li­cher Metz­gers­kunst auspacken.Vegane Brö­sel­wa­re tut es natür­lich auch. Das Schnee­so­fa ist schnell gegra­ben und ein Sitz­kis­sen erhöht den Kom­fort. Man sitzt und schaut, denkt und kaut, still oder laut. Bis es reicht. Dann packt man zusam­men, stie­felt zu den Ski, schnallt sich alles an, um oder zu und sucht sich sei­ne per­sön­li­che Ideallinie.

Lini­en­schau

Am Gip­fel­grat geht es über­wie­gend que­rend schräg abwärts und eine vor­aus­schau­en­de Fahr­wei­se hilft grö­be­ren Boden­kon­takt zu ver­mei­den. Uns gelingt das ganz gut. Etwas wei­ter unten kann man dann wei­te­re Schwün­ge zie­hen und mit Vari­an­ten vom High­way abwei­chen. Auf der Que­rung zur Läm­pe­rer­alm kommt man eh wie­der zusammen.
Kei­nes­falls soll­te man sich aber den Hang ent­ge­hen las­sen, der öst­lich des Mar­bich­ler Sat­tels in das Bach­bett unter­halb der Groß­zem­malm führt. Die meis­ten las­sen ihn aus, in der Hoff­nung die Que­rung des Tal­kes­sels damit fah­rend hin­ter sich zu brin­gen. Nur soviel dazu: das schafft man eh nicht und muss dann ent­we­der eben­falls noch­mal auf­fel­len oder sich müh­se­ligst hoch­schie­ben bzw. spur­ver­nich­tend und daher eigent­lich indis­ku­ta­bel stap­fend das Gan­ze hin­ter sich brin­gen. Rein vom Ski­fah­ren her ist es sowie­so die lang­wei­ligs­te Variante.
Wir schwin­gen natür­lich den Hang, der übli­cher­wei­se den bes­ten Schnee der gan­zen Tour bie­tet, soweit wie es sinn­voll geht nach unten. Dort freu­en wir uns über jeden Schwung und zie­hen die Fel­le auf. Denn jetzt gilt es, über eine Schnee­brü­cke den Bach zu über­que­ren und gemäch­lich anstei­gend die Stan­dard­rou­te wie­der zu erreichen.

Erik beim Freuen

Der kur­ze Anstieg ist schnell hin­ter sich gebracht, gro­ße Umklei­de­ak­tio­nen kann man sich spa­ren. Sobald es wie­der abwärts geht, darf man die Fel­le end­gül­tig ver­stau­en und es den Weg ent­lang lau­fen las­sen. Schließ­lich trifft man auf die Haupt­ab­fahrt, die auch die gan­zen Hoch­platt­ler benüt­zen. Es ist aber genü­gend Platz für alle und meis­tens fin­det man wider Erwar­ten immer wie­der ein unver­spur­tes Fleck­chen. Vor allem, wenn man sich etwas wei­ter unten nicht wie die Meis­ten in der Schnei­se der Auf­stiegs­spur hält, son­dern nach links in den lich­ten Wald aus­büxt. Bei ent­spre­chen­der Schnee­la­ge fin­det hier jeder noch sei­ne ganz eige­ne Pul­ver­li­nie. Man muss nur recht­zei­tig nach rechts rüber­que­ren, um nicht die Fal­ken­moos­alm zu ver­pas­sen und dann doch wie­der die Fel­le her­aus­kra­men zu müs­sen. Zur Fal­ken­moos­alm muss man etwas hoch­trap­peln, wer will, kann sich dort noch ein Getränk geneh­mi­gen. Vor allem sich schon mal vor­freu­en, denn was dann folgt, ist ide­al geneig­tes, weit­läu­fi­ges Ski­ge­län­de, das lei­der viel zu schnell am Wald­rand endet.

idea­les Skigelände

Ab hier gibt es Forst­weg­ge­we­del, an der oben bereits erwähn­ten Abzwei­gung geht es links ab. Wer das ver­passt, darf sich in der Regel über manch ape­re Pas­sa­ge quä­len und kommt Spät­auf­stei­gen­den in die Que­re. Ein mit erwähn­ter Weg­füh­rung gut ver­meid­ba­res Ärger­nis. Schließ­lich sau­sen alle aus dem Wald her­aus, schwin­gen sin­ni­ger­wei­se recht­zei­tig vor einer kur­zen, aber wohl­ge­split­te­ten Stra­ßen­que­rung ab und genie­ßen die abschlie­ßen­den Wie­sen­hän­ge, die direkt zum Park­platz füh­ren. Und das war es dann. Nicht mehr, aber auch nicht weni­ger. Klas­sisch Jui­fen halt.