Datum: 04.08.2018
Wer war dabei: Kathi, Sebi
Gipfel/Berggruppe: Kingspitze/Engelhörner
Name der Tour: Nordostwand „Lüthy-Steuri“
Art der Tour: Alpinklettern
Erstbegehung: Hermann Steuri, Hans Haidegger, Martha „Mäusi“ Lüthy 26.9.1938
Tourenbeschreibung/Schwierigkeitsgrad:Wandhöheca. 600 m, Kletterlängeca. 17–20 SL, einiges 5–6/Stellen6+
Zustieg: Von Rosenlaui/Gschwantenmadüber Mautstraße zu P an der Alp Gross-Rychenbach (1573m). Von dort gut läufigzur Engelhornhütte (1899m). Im Ochsental rauf bis zum Wandfuß (insg. ca. 1–2 h). 1½h
Absicherung: Stände gebohrt, einige Zwischenbolts, Normalhaken. Zur Ergänzung können auch mal Keile und Cams gelegt werden, wobei es dafür freundlichere Felsarten gibt
Wir waren mal wieder in der Schweiz unterwegs, mal hierhin und mal dorthin. Ganz nach Gusto und Wetterfrosch. Das geht gut bei den Eidgenossen, denn schön ist es bei denen fast überall. Im Rosenlauital sogar ganz besonders. Eiger und Scheideggwetterhorn dräuen, Gletscher bläuen und wir freuen. Letzteres erstmal uns über die Gegend und bei Besuch einer örtlichen Gaststätte gleich noch über ein kühles Kastanienbier auf der aussichtsreichen Terrasse. Nachdem das ordnungsgemäß und zufriedenstellend erledigt ist, fahren wir mautbezahltberechtigt zum Parkplatz und rüsten uns für die Nacht. Dazu braucht es nach Packen des Rucksacks natürlich nochmal Flüssiges, etwas Festes und einen Sonnenuntergang gibt es gratis dazu.

Standesgemäß geht es früh raus, Katzenwäsche und Basisfrühstück wird abgearbeitet, dann marschieren wir los. Erstaunlich zügig erreichen wir die Engelhornhütte, an der wir vorbeiziehen, während einige dort sich noch den Nachtschlaf aus den Augen reiben.

Der Weg führt in das grandiose Ochsental hinauf, in welchem links und rechts die Wände in den Himmel ragen und sich mittlerweile offensichtlich eher Schafe als Rindviecher zu Hause fühlen. Die Sonne erleuchtet das Zielgebiet.

Wir stellen unseren Kompass auf die rechte Talseite ein und steuern den Wandfuß der Kingspitze an. Richtig verfehlen kann man sie nicht, einfach den genialsten Spitz aussuchen und dann dabei bleiben. Am Wandfuß angekommen werfen wir uns in die angepasste Montur und kraxeln mit noch geschultertem Seil erst rechtshaltend, dann links aufwärts zum ersten veritablen Stand der Tour. Dieser ist durch einen massiven Muniring eindeutig zu erkennen. Bis dahin ist es nicht schwer, man sollte allerdings daran gewöhnt sein sowas zu machen. Für Andere ist durchsichern sicher auch eine sicherere Alternative.

Die Gebirgsruppe der Engelhörner sieht ja so ein bisschen wie ein Regal aus, dessen Bretter mit schiefen Büchern vollgestellt sind. Das hat natürlich mit der Geologie, d.h. Gesteinsschichten und alpiner Gebirgsbildung zu tun. Kletternden kann der Grund egal sein, die müssen sich mit den Gegebenheiten abfinden. Aber dadurch gibt es halt oftmals einfach Platten, wenn man auf einem Bucheinband unterwegs ist. Risse tauchen zwischen den Seiten auf undwandiges oder komisches Gelände an den Buchrücken. Bei uns gibt es heute erstmal Platte, die man aber an der Seite durch einen gnädigen Riss vermeiden kann

In der Seillänge drauf hat der Riss dann ein Ende, da muss man irgendwie über die Platte nach links.

Es wird einem deutlich vor Augen geführt, dass das mit Platte nicht immer ein Spaß ist. Ich mag es halt lieber, wenn man sich irgendwie festhalten kann. Kathi ist das egal, die steht sowieso überall auf Nichts und fühlt sich auch noch wohl dabei. An der Stelle steckt dann zwar ein Bolt, aber zu dem muss man auch erstmal hinkommen. Ohne Clipstick ist hier Angriffigkeit gefragt, mässig liegende Cams unterstützen das Hirn dabei. Dann gibt es eh wieder Riss, Halt und Entspannung.

Weiter geht es. Wenn man sein selbiges erfolgreich über ein Bäuchlein gehieft hat, steht man in einer seichten Verschneidung, die die Richtung eindeutig vorgibt. Mit
entsprechendem Vertrauen in die Gummimischung lässt sich das in subtiler Weise lösen. Die Sonne kommt ums Eck. Die Erhellung wärmt und verschönt das Ganze.

Wir steuern etwas nach links, wo es dann steiler wird. Gnädig vorhandene Griffe lassen diese trickreiche Passage erträglich lösen, schnaufen darf man trotzdem.

Die folgenden Seillängen dienen wieder mehr der aktivspassigen Erholung, ein erfreulich fotogener Quergang passt gut in das Bild.


Doch dann zieht das Ganze wieder etwas an, für die Spitz vom King muss man doch noch mal hinlangen. Zunächst steil und unübersichtlich, die verlockend aussehenden Risse erweisen sich als eher enttäuschend für ein erquickliches Fortkommen.

Dann eine auch mal roh und kräftige Seillänge, die dafür aber kurz ausfällt. Gewürzt wird ab diesem Zeitpunkt unser Tun durch eine lästige Drohne, die mit ihrem Gesause die bisherig herrliche Ruhe durchbricht. Leider habe ich weder Steinschleuder noch Wurfnetz dabei, dafür ein paar nicht jugendfreie Flüche und versuche, nachdem ich diese ordentlich adressiert losgeworden bin, die Konzentration auf den Weiterweg zu richten.

Zunächst bleibt es steil, allerdings in deutlich zahmeren Gefels.

Und schließlich legt sich auch das Gelände etwas zurück und über eine genußreiche Rampe erreicht man den Grat zum Gipfel.

Dieser setzt der Tour zum Abschluss noch ein krönendes Sahnehäubchen auf. In prächtiger Linie aufsteigend, darf sich der Blick auf den Rosenlauigletscher, Well-und Scheideggwetterhorn sowie die ganze Pracht der Berner Alpen weiten.

Die Vorfreude auf die Gipfelbrotzeit trägt zum Wohlempfinden bei und deren erfolgreicher Vollzug sowieso.

Wie das so ist, es mag oben noch so schön sein. irgendwann muss man wieder runter von dem Spitz. Das ist hier gar nicht so unkomplex. Es klingt eigentlich ganz einfach. Es geht erst hinten runter, um dann den Stock zusammen mit Kastor und Pollux umrunden zu können und schließlich zum Ochsensattel zu gelangen, um von dort wieder im Ochsental zu landen. Im Detail darf man, wenn man hoffentlich kann, auf eine gewisse Erfahrung in solcher Umgebung zurückgreifen.

Fallweises Abseilen wechselt sich mit Abklettern in durchaus forderndem Gelände ab. Die Wegfindung fordert Aufmerksamkeit in ständigem Absturzgelände. Man sollte sich die Zeit nehmen, die man braucht.

Bei uns ist das Wetter prächtig und die Zeitreserve beruhigend. Gewitter, Nässe oder Dunkelheit kann sowas schnell in ein episches Unterfangen verändern

Heute läuft alles glatt und wir können mit einem reich erfüllten Tag im Gepäck unserem Ausgangpunkt entgegenschlendern. Wo der Abend, nach Genuß diverser Kastanienbiere, natürlich zum Schmieden neuer Pläne genutzt wird.