Datum: 04.–07.05.2011
Wer war dabei: Robert, Sebi
Gipfel/Berggruppe: Vélan, Gd. Com­bin, Tour­ne­lon Blanc / Wallis
Name der Tour: Rund um den Grand Combin
Art der Tour:
Ski­hoch­tour
Facts: Nicht ganz unan­spruchs­vol­le Ski­hoch­tour­run­de, ent­spre­chen­des Mate­ri­al, Eigen­in­itia­ti­ve und Lun­gen­vo­lu­men für ver­glet­scher­tes Hoch­ge­bir­ge erfor­der­lich. Deut­lich über das Lesen des Lawi­nen­la­ge­be­richts hin­aus­ge­hen­de alpi­ne Fähig­kei­ten sind angemessen

 

Ach­ja, die Fran­ken! Seit dem 16. Jhdt.singen sie aus vol­ler Kehle:„Grüß Gott, du schö­ner Mai­en“. Ob dies aber der Grund für die mai-typi­sche Über­fül­lung der Frän­ki­schen Schweiz ist, weiß ich nicht. Umso siche­rer dafür ist, dass die Fran­ken als sol­che ihre Keh­len schon immer gern mit vol­len Krü­gen über­füll­ten. Immer­hin ein guter Grund, sich zur Fran­ko­phi­lie zu beken­nen, die einem im übri­gen auch bei den wah­ren Eid­ge­nos­sen wei­ter­hilft –sprach­lich und peku­ni­är sowie­so. Die leben zwar­wo­an­der­sals die vie­len Fran­ken, was aber kein Pro­blem ist, wenn man hin­fah­ren kann, und es nicht zu voll ist. Schon gar nicht in der Auf­stiegs­spur. Hier­mit gebe ich es zu:
Ich bin gern auf Ski­ern unter­wegs. Und: Mei­ne alpi­nen Oster­ei­er suche ich seit Jah­ren schon im fran­ko­vie­len Unter­wal­lis. Dabei schaue ich oft auf den Grand Com­bin, weil man an dem beim bes­ten Wil­len nicht vor­bei­schau­en kann. Nur wenn man drauf­steht, sieht man ihn nicht. Also nichts wie rauf, damit ich weiß, wie das dann so ist.

Blick­fang

Und so ste­hen wir Anfang Mai ober­halb von Bourg St. Pierre und müs­sen erst mal ein paar Dut­zend Pro­zes­si­ons­spin­nern den Vor­marsch las­sen, obwohl gar nicht Fron­leich­nam ist.

Pro­zes­si­on der Spinner

Wäh­rend des son­ni­gen Auf­stiegs­zur Cab. Vélan sind wir jeden­falls sehr froh, nicht im frän­ki­schen Gän­se­marsch, son­dern völ­lig allei­ne unter­wegs zu sein. Und das sind wir dann auch auf der Hüt­te. Außer uns sind nur noch die Wirts­leu­te da, die uns exklu­siv in ihrem spa­ci­gen Eta­blis­se­ment verköstigen.

Alpen­län­di­sche Archtiektur

Das Wet­ter ist gut, und das Ziel des Tages ist es auch. Im ers­ten Licht spu­ren wir zum Col de la Gouil­le, über den wir rauf- und wie­der run­ter­klet­tern. Nur um dann ange­seilt über den Val­sorey­glet­scher zum Col du Capu­cins und schließ­lich erst steil, dann flach unse­re Luxus­kör­per auf den Mont Vélan (3731 m) zu schieben. 

Häkel­kurs am Gletscher

Dort oben hat man dann die bes­te Sicht. Nicht nur auf das Pro­gramm des nächs­ten Tages. Nein! Hier oben gibts genü­gend „Stoff“, um Plä­ne für den Rest sei­nes Lebens zu schmie­den. Wie gewohnt, kann man am Grand Com­bin wie­der nicht vor­bei­schau­en. Dafür die Auf­stiegs­rou­te begut­ach­ten. Aber soweit sind wir noch nicht.

Robert schaut weg und nicht vorbei

Erst­mal geht es wie­der weit run­ter. Dann wie­der weit rauf. Wie man ahnt, bei­de Male mit Ski­ern, wobei der fei­ne Unter­schied dar­in liegt, dass nach unten die Ski­er einen sel­ber tra­gen. Hin­auf ist es umgekehrt.

Da kann man nicht meckern

Nach kur­zer Rast geht es also drü­ben wie­der rauf, was den Ski­ern sehr gut gefällt. Uns nicht so sehr.

Robert kann es nicht fas­sen, dass Ski so fau­le Säcke sind

Immer­hin ver­hin­dern die Ski, dass wir in dem Sulzb­app, den die Mit­tags­son­ne im Hüt­ten­hang ver­an­stal­tet, nicht unter­ge­hen. Aber eine ent­ner­ven­de Wüh­le­rei ist das dann schon.
Auf der Cab. Val­sorey schließ­lich herrscht herr­li­che Ruhe, da die­se seit dem Vor­tag nicht mehr bewirt­schaf­tet ist. Und damit auch kei­ne Hau­te-Rou­te-Lem­min­ge mehr die Lager verstopfen.

Ruhi­ge Hütte

Dabei ist eigent­lich alles da. Decken, Matrat­zen, Was­ser, Ofen, Holz. Nur die Nudeln muss man sel­ber hoch­schlep­pen. Und das Bier, wenn man es denn täte. Aber es geht auch mal ohne sehr gut. Jeden­falls liegt in der Ruhe die Kraft –und die wer­den wir am nächs­ten Tag brau­chen.

Hüt­ten­ru­he

Außer uns zieht abends nur noch ein Adler sei­ne Run­den um die Hüt­te, mehr Tru­bel brau­chen wir auch nicht. 

Sebi beim Rundenziehen

Am nächs­ten Tag ist dann noch Nacht, was das Früh­stück im Lam­pen­ge­fun­zel nicht lust­vol­ler macht. Die Käl­te drau­ßen ist auch nicht schön. Durch Ste­hen wird sie nicht wär­mer, also gehen wir los. Die Ski­er rut­schen, die Har­sch­eisen krat­zen, die Luft beisst und irgend­wann ist dann am Pla­teau du Cou­loir Schluss mit lus­tig. Run­ter von den Bret­tern, die­se an den Sack und dafür spit­zes Eisen an Hand und Fuß.

Ski­fah­ren mal anders

In der Süd­wand gibt es zunächst stei­les Gestap­fe, dann Geha­cke, schließ­lich veri­ta­bles Gekra­xel und zu guter letzt ein Holz­kreuz, damit man merkt, dass man auf dem­Com­bin de Val­sorey (4184 m) ange­kom­men ist. 

Gip­fel mit Kreuz

Aber erst oben ist oben, also müs­sen wir noch wei­ter über die Gip­fel­schüs­sel bis zum Com­bin de Gra­fenei­re (4314 m). Was nah aus­sieht, dau­ert oft­mals län­ger, ist aber irgend­wann auch mal vor­bei. Und dann ist man wirk­lich oben auf oben. Am Gip­fel: Ein male­ri­scher Sen­de­mast, har­mo­nisch und sen­si­bel in die Land­schaft ein­ge­passt. Aber für Stein­män­ner gibt ́s halt echt kein Mate­ri­al, und wer baut schon einen Schnee­mann da oben? Dafür kann man end­lich vor­bei­schau­en an ihm…

Gip­fel ohne Kreuz

Da wir in die­ser Rich­tung schon mal unter­wegs sind, haxeln wir den Grat gleich wei­ter Rich­tung Mur de la Cote. Und fas­sen dort den blöd­sin­ni­gen Ent­schluss, dass man die­se doch auch mit Ski­ern abfah­ren kön­ne. Robert bezahlt sei­ne Sla­lom­am­bi­tio­nen auf dem blan­kei­si­gen Hang mit einem beein­dru­ckend ski­lo­sen Frei­flug über die Rand­kluft Rich­tung Ser­ak-Abbruch. Die­sen schließt er dann aber glück­li­cher­wei­se um Haa­res­brei­te nicht final ab. Dafür darf ich unter maxi­ma­lem Kan­ten­ein­satz hin­ter­herei­ern und die Res­te der Aus­rüs­tung zusam­men­sam­meln, nach­dem Robert von sehr viel wei­ter unten deut­lich hör­bar sein Wei­ter­le­ben­wol­len ver­kün­det hat.

Robert mit Flugroute

Schließ­lich hat­ten wir alles Wesent­li­che bei­sam­men, und nach der Tse­s­set­te geht es durch den Cor­ri­dor nach unten. Die dort her­um­lie­gen­den Eis­bro­cken wol­len behut­sam umfah­ren wer­den, laden aber trotz gran­di­os pit­to­res­ker Land­schaft nicht wirk­lich zum genüss­li­chen Ver­wei­len ein. Denn alles Gute kommt von oben –und da hängt doch reich­lich Nach­schub über dem Schädel.

Hoch­al­pi­ne Eiswürfelmaschine

Auf­grund der ein­sa­men Spur eines offen­sicht­lich orts­kun­di­gen Vor­fah­rers fin­den wir ziel­si­cher aus dem Weg­ver­hau her­aus und lan­den irgend­wann am Pla­teau de Dejeu­ner, von wo es nur noch irgend­wie den Glet­scher run­ter­zu­fah­ren gilt. Heißt: Wenn er nicht zu flach wird, und man zum Ska­ting­ex­per­ten mutie­ren muss. Mit weni­ger Gewicht an Fuß und Schul­ter mag das ja Spaß machen. Aber so hält einen nur noch die Visi­on eines tau­fri­schen Bie­res auf­recht. Der Rück­blick zeigt den Grand Com­bin als wür­di­gen Klotz, der schon allein durch schie­re Mas­se beein­druckt. Vor­bei­schau­en jeden­falls geht schon wie­der nicht mehr.

Robert sieht nichts mehr

Das Bier gabs tat­säch­lich auch irgend­wann mal real; und zwar auf der Cab. de Panos­siè­re, die aber erst noch mit einem klei­nen Gegen­an­stieg erobert wer­den woll­te.

Der Zapf­hahn ruft

Hier waren dann auf ein­mal Leu­te.  Nicht viel, aber immer­hin. Wir gewöh­nen uns dran und bekom­men dafür Halb­pen­si­on. Am nächs­ten Tag geht es über den­sel­ben Glet­scher wie­der rauf, der aber auf ein­mal gar nicht mehr so flach sein will.

Auch von wei­ter unten kann man nicht vorbeischauen

Irgend­wann wirds uns zu bunt und wir gehen noch mal links rauf. Da ist es wenigs­tens ein­deu­tig etwas stei­ler und oben war­tet mit dem Tour­ne­lon Blanc (3707 m) ein wei­te­rer Gip­fel. Da es dort dann nicht mehr rauf geht, fah­ren wir also wie­der mal run­ter und über­que­ren den elen­di­gen Glet­scher, der uns beim Auf­stieg auf den gegen­über­lie­gen­den Col Panos­siè­re unter Mit­hil­fe des glei­ßen­den Gestirns noch mal alle Schweiß­po­ren zu Hoch­druck­strah­lern umfunktioniert.

Schwit­zen ohne Sauna

Man hät­te natür­lich noch mal auf der Hüt­te über­nach­ten und tags drauf den Petit Com­bin dran­hän­gen kön­nen. Aber noch mal den glei­chen Glet­scherhatsch? Ohne uns! Ab dem Col erwar­tet uns dafür eine uner­war­tet schö­ne und genüß­li­che Abfahrt über den Gla­cier de Boveire…

Glet­scher­sur­fen

…zumin­dest bis der Schnee aus­geht, und das ist Anfang Mai halt schon deut­lich weit oben. Der Rest des Abstiegs ist dann holp­ri­ges Geha­xel und ein ent­ner­ven­der Rück­weg zum Ausgangspunkt. 

Spa­zier­gang in geschmei­di­gem Schuhwerk

Eigent­lich ist eine Tour erst im Tal zu Ende. Zum Glück steht das Auto etwas wei­ter dro­ben –das reicht uns dies­mal als Zieldurchlauf

Finisher­fo­to

Der Abend sah im Tal einen Knei­pen­wirt mit schreck­ge­wei­te­ten Augen, als ihm bär­tig stin­ken­des Gesin­del stam­melnd grö­ße­re Men­gen Bier zum Mit­neh­men abver­lang­te. Nur um dann wie­der oben –am ein­sa­men Park­platz mit pri­vi­le­gier­tem Aus­blick –mit dem ein­zig pas­sen­den Getränk zu den über­fäl­li­gen Tüten­nu­deln ansto­ßen zu kön­nen.

Wohl­ver­dien­tes TAB (Tou­ren­Ab­schluss­Bier)

“Dull­jö!”