Alpi­ne Klas­si­ker — Benediktenwand

Die Bene­wand ist ja schon an und pfir­sich so ein rich­ti­ger Klas­si­ker. Sie hat eine rich­ti­gech­te Nord­wand mit vie­len geschichts­träch­ti­gen Rou­ten und thront reprä­sen­ta­tiv, von wei­tem gut erkenn­bar, über den Moo­ren des Loi­sach­ta­les. Noch dazu hat sie einen rich­tig schö­nen Namen. Ein­zi­ges Man­ko: sie ist noch nicht so rich­tig ech­tes Gebir­ge, da sie zu den Vor­al­pen gezählt wird. Mit 1801 m über Nor­mal­null ist der Gip­fel noch dazu deut­lich unter der 2000er Mar­ke. Dabei hat sie die wahr­schein­lich längs­ten Tou­ren eben die­ser Vor­al­pen, die manch ande­ren im echt­an­er­kann­tem Gebir­ge in die­ser Hin­sicht durch­aus Paro­li bie­ten kön­nen. Dass es dabei kei­ne Mega­häm­mer aus dem obers­ten Bereich der Schwie­rig­keits­ska­la gibt, stört nur die, die sich dazu beru­fen füh­len. Zumin­dest frü­her galt die „Ram­pe-Rip­pe“ als gutes Test­stück für all die­je­ni­gen, die sich ihre wei­te­ren Meri­ten am rich­ti­gen Berg ver­die­nen woll­ten. Genug der Legen­den. Wen­den wir uns der Jetzt­zeit zu, denn Ver­gan­gen­heit ist schön, aber davon wird man nicht satt.

Nach einer lan­gen Zeit der rela­ti­ven Ruhe, die an der Nord­wand nur mal kurz von der her­ben Via Bava­ria der Gebrü­der Suss­mann und von höchst eigen­tüm­li­chen Pro­jek­ten an der zustiegs­in­ten­si­ven Süd­sei­te gestört wur­de, ist die Bene­wand seit eini­gen Jah­ren aus ihrem Dorn­rös­chen­schlaf wach­ge­küsst wor­den. Initi­al­fun­ke war die Erst­be­ge­hung der „Lebe dei­nen Traum“. Mit die­ser Tour haben die Erschlie­ßer eine modern bohr­ha­ken­ge­si­cher­te Rou­te durch die Nord­wand gelegt, von der sofort das Gerücht umging, dass sie ihren Namen nicht zu Unrecht tra­ge, und seit­dem natür­lich auf mei­ner Tick­lis­te ganz oben stand.

Eigent­lich.

Denn wie so oft, dau­ert es manch­mal ein biss­chen, bis der Wunsch dann wirk­lich Wirk­lich­keit wird. Vor allem soll­te man auf tro­cke­ne Ver­hält­nis­se war­ten, wenn man nicht die ers­ten Seil­län­gen schwim­men gehen will. 2–3 tro­cke­ne Tage darf man sich vor einer Genuss ver­spre­chen­den Bege­hung schon in Geduld üben. Zudem heißt Nord Schat­ten und das Frie­ren spa­ren wir uns lie­ber für Zie­le auf, bei denen es sich nicht ver­hin­dern lässt. Schließ­lich war es so weit. Die Berg­radl wer­den am Alpen­warm­bad unter den Hin­tern geklemmt und bis zum Ende der Forst­stra­ße beim Beginn der Mate­ri­al­seil­bahn hat man zu Tre­ten. Meist stampft man pas­sa­bel vor sich hin, mit dem auf­ge­la­de­nen Gepäck belas­ten ein­zel­ne Stel­len das Dampf­druck­ven­til dann doch ordent­lich und die bis dahin rege Unter­hal­tung stockt. Wie dem auch sei, am Ende muss man sich mit sei­nem Gebrauchs­radl zwi­schen den gan­zen ande­ren schi­cken Bikes einen Park­platz suchen und den Weg zur Tutz­in­ger Hüt­te zu Fuß been­den. Dort ange­kom­men, steht die gan­ze Pracht unmit­tel­bar vor Augen und man kann sich freu­en, wenn man lan­ge genug aus­ge­harrt hat und es tro­cken ist. Oder halt auch nicht.

Zum Ein­stieg ist es dann jeden­falls nur noch ein Kat­zen­sprung. Heu­te plät­schert nichts, wir bin­den uns ein und kön­nen die Fin­ger in rau­hem und grif­fi­gem Fels warmklettern.

Mar­kus wärmt schon mal vor

Zügig und flüs­sig geht es dahin, nie ganz leicht, nie ganz schwer, ein­zel­ne Stel­len for­dern etwas mehr. Aber die Bolts sind aus­rei­chend und es gibt kei­nen Anlass zur Beschwer­de. So soll es sein und wir kom­men ste­tig höher, bis der Klet­ter­fluß etwa in der Wand­mit­te schnö­de unter­bro­chen wird.

Trotz Schlapp­seil beschwerdefrei

Der Grund ist ein­fach: hier wächst schlicht zuviel und etwa­ige Fel­sen sind von Boden bedeckt. Eine Pfad­spur lei­tet in tief­schwar­zem Humus durch dich­te Blu­men­pracht, Gras und Alm­ro­sen. Steil ist es trotz­dem und feucht. Ein Wech­sel des Schuh­werks ist anzu­ra­ten, denn aus­rut­schen soll­te man tun­lichst nicht und die Kopm­post­soh­len kriegt man so schnell nicht sauber.

Bota­nisch hoch­wer­ti­ges Zwischenstück

Irgend­wann wird es schrofi­ger und dank früh­zei­ti­ger Ori­en­tie­rung fin­det man den nächs­ten Stand­platz ohne wei­te­re Pro­ble­me. Seil und Slicks wer­den erneut auf­ge­zo­gen und wei­ter geht es. Der genuss­vol­le Stil ändert sich nicht, selbst wenn es, von oben betrach­tet, manch­mal nach ordent­lich Fleu­rop aussieht.

Fleurop­fels

Eine Stel­le erfor­dert dann doch noch deut­lich kon­zen­trier­tes Ste­hen und beherz­tes Zupa­cken. Sie löst sich aber recht­zei­tig auf, bevor es rich­tig unan­ge­nehm wird.

Kon­zen­trier­tes Zupacken

Der Rest ist geschmei­di­ges Aus­lauf­ge­län­de. Sieht aber manch­mal leich­ter aus, als es dann wirk­lich ist. Bes­te Vor­aus­set­zun­gen, sich kurz mal lächer­lich zu machen.

Sieht blöd aus, ist es auch

Wir ken­nen das, regel­mä­ßi­ge gegen­sei­ti­ge Ver­höh­nung gehört zum Geschäft und hält den Kreis­lauf in Schwung. Oben ange­kom­men lacht die Son­ne, wir auch und unten war­tet das Weiß­bier. Wo man lei­der erst­mal hin­lau­fen muss.

Auf der Hüt­ten­ter­ras­se kann man das Tag­werk beschau­en und muss den rich­ti­gen Moment abpas­sen, dass man noch halb­wegs ziel­ge­rich­tet zum Radl­de­pot kommt. Ab da geht es fast von allei­ne, zumin­dest am Schluß aber soll­te recht­zei­tig gebremst werden.

Wie oben schon ange­deu­tet, gab es in den letz­ten Jah­ren eine regel­rech­te Neu­tou­ren­schwem­me an der Bene­wand. Die­se haben aber alle einen recht unter­schied­li­chen Cha­rak­ter. Die Band­brei­te reicht von der eben beschrie­be­nen, benut­zer­freund­li­chen Vari­an­te, hin zu eher knor­ri­gen, trad­las­ti­gen Unter­neh­mun­gen der Mar­ke Pol­lin­ger und Kon­sor­ten, die eine gewis­se geho­be­ne Angrif­fig­keit erfor­dern. Da kann sich jeder raus­su­chen, wonach ihm der Sinn steht. Wir haben es ger­ne freund­lich, auch für solch wei­che Gesel­len gab es erst kürz­lich mit der Cave­men inter­es­san­ten Nachschub.

Der Wet­ter­ver­lauf ver­heißt schon früh im Jahr Viel­ver­spre­chen­des, sinnt aber auf Umschwung und schon schnau­fen wir wie­der per Radl auf alt­be­kann­tem Weg. Nur der Zustieg von der Hüt­te ist um Nuan­cen län­ger, wie der zum geleb­ten Traum. Er hält für uns sogar noch etwas Schnee parat, mit dem wir aber nichts mehr anfan­gen wollen.

So rich­tig ganz gut ist das Wet­ter lei­der nicht, ganz warm auch nicht und in der plat­tig­klam­men Ein­stiegs­seil­län­ge muss man erst­mal in Schwung kommen.

Mar­kus kommt in Schwung

Das biss­chen Bewe­gung tut uns gut und wir ver­lie­ren ange­sichts der Wol­ken lie­ber kei­ne Zeit. Stroh­tro­cken ist die Wand auch nicht immer, aber der Fels ist meist schön rauh und grif­fig, wes­halb das nicht stört. Eher schon, wenn man wie­der einen Griff in der Hand hält, der eigent­lich an der Wand blei­ben soll­te. Was ab und zu schon noch pas­siert. Nicht schlimm, aber blin­des Ver­trau­en ist nicht angebracht.

Mar­kus beim Bruchtest

Manch­mal hat man auch weni­ger genuß­rei­che Stel­len vor sich und genuß­freie idea­ler­wei­se bald hin­ter sich. Aber genau dann, wenn man sich über­legt, ob man nun schimp­fen soll, ist es auch schon vor­bei und man steht wie­der in Prachtgelände.

Felspracht

In der 7. Seil­län­ge sucht man die­ses zumin­dest in der ers­ten Hälf­te aller­dings ver­geb­lich, das soll­te man wis­sen. Und sich nicht lan­ge damit auf­hal­ten, es wird dadurch nicht schö­ner, bes­ten­falls das Gras länger.

Mar­kus hört das Gras wachsen

Was danach kommt, ist wohl der Knack­punkt der gan­zen Rou­te. Vom Stand geht es nach links. Der Quer­gang soll­te in der rich­ti­gen Höhe ange­setzt, dann die rich­ti­gen Löcher getrof­fen und die­se schließ­lich beherzt durch­ge­zo­gen wer­den. Sonst gibt es min­des­tens dicke Arme bis hin zum Rot­punkt­de­ba­kel. Viel mehr kann nicht pas­sie­ren, die Bolts blit­zen vertrauenserweckend.

So geht es

Die nächs­te Län­ge ist lang und steil und gut, etwa­ig dicke Arme von der Vor­län­ge dür­fen noch­mal Nach­bren­nen. Im Vor­land reg­net es bei uns der­wei­len, wir haben es zum Glück tro­cken und kön­nen uns des­halb über den Regen­bo­gen freuen.

Gebo­ge­ner Regen

Es kommt noch eine schott­ri­ge Ram­pe, das Wand­buch und eine kräf­ti­ge Abschluss­ver­schnei­dung, die im Zwei­fel in einer Rechts­schlei­fe umgan­gen wer­den kann. Aber wenn sie und wir schon mal da sind, wird sie auch gemacht.

Höh­len­men­schen am Wandbuch

Oben am Kreuz ange­kom­men, sind auf ein­mal die Wol­ken weg und das Wet­ter gut. Recht so, denn in der Nord­wand hät­ten wir eh nicht viel von der Son­ne gehabt.

Umso­mehr auf der Hüt­ten­ter­ras­se, wo sie male­ri­sche Licht­re­fle­xe in das Weiß­bier zau­bert. Wel­che ein biss­chen vom eher durch­schnitt­li­chen Kai­ser­schmarrn und vor allem von den umge­ben­den Men­schen­mas­sen ablenkt. Auf die man beson­de­re Rück­sicht neh­men muss, wenn man zum krö­nen­den Abschluss die fahr­tech­nisch inter­es­san­te­re Abfahrt durch das Lain­bach­tal wählt.

 

facts:

Bene­dik­ten­wand 1801 m

Lebe dei­nen Traum

Erst­be­ge­hung H. Schmidt und A. Schan­zer am 14.06.2009, nach Vor­ar­bei­ten 2008

Ca. 300 m Wand­hö­he, 10 — 11 SL, Stel­len 7 und 7‑, meist 5 – 6+, im Mit­tel­teil stei­les Gras­ge­län­de, fast durch­ge­hend genuss­reich, eigent­lich aus­rei­chend geboltet.

Cave­men

Erst­be­ge­hung M. Oswald und A. Biber­ger am 15./16.7.2013

Ca. 300 m Wand­hö­he, 11 SL, 7 (eini­ge Stel­len), meist 6 und 5 und Gras, ins­ge­samt etwas her­bal­pi­ner mit län­ge­ren genuss­rei­chen Pas­sa­gen. Meist gut ein­ge­bolzt, an ein­zel­nen Stel­len kann zusätz­lich mit Kei­len, Cams und Schlin­gerl gebas­telt werden.